Urbane Klimaanpassung durch die Augen einer 16-Jährigen – Der Bericht einer CATCH4D-Praktikantin
Hintergrund: Aufgewachsen in Zeiten des Klimawandels
Ich bin in der norddeutschen Stadt Osnabrück aufgewachsen. Meine Erfahrung mit dem Klimawandel besteht darin, dass es im Winter immer weniger schneit und weniger Spaß gibt. Ich werde nie das eine bestimmte Weihnachtsfest vergessen, als ich noch zur Grundschule ging. Die Straße vor dem Haus war komplett mit Schnee bedeckt, etwa 10 Zentimeter Die Freude, die ich beim Spielen im Schnee empfand, ist mir noch lebhaft in Erinnerung. Seither habe ich mich immer wieder auf solchen Schnee gefreut, doch er blieb leider jedes Jahr aus.
Es freut mich jedoch zu sehen, dass meine Stadt aktiv gegen den Klimawandel vorgeht. So wird die effiziente Energienutzung gefördert, es entstehen immer mehr Ladestationen für Elektroautos, und fünf neue Elektrobuslinien – die M-Linien – wurden eingeführt. Diese Strecken bieten eine geringere Wartezeit und sind daher eine bevorzugte Wahl. Klimawandel betrifft jede Stadt, weshalb es umso wichtiger ist, sich flexibel an diesen Wandel anzupassen.
Mein Verständnis von Stadtforschung
Vor Beginn des Praktikums beschränkte sich mein Wissen über Stadtforschung auf den Geografieunterricht in der Schule. Ich fragte mich oft, woher die Aufsätze, Statistiken und Karten zu Städten stammten. Von dem Begriff Stadtplanung hatte ich schon gehört, aber von Stadtforschung hatte ich zugegebenermaßen noch nie etwas gehört, bevor ich mein Praktikum am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) antrat.
Nachdem ich mich über die Forschungstätigkeit des Instituts informiert hatte, erfuhr ich, dass es vier Forschungsschwerpunkte gibt: Nachhaltigkeit, Mobilität, Gesellschaftliche Teilhabe und Geoinformation. Nehmen wir das Thema Nachhaltigkeit und Klimaanpassung als Beispiel. Ich habe herausgefunden, dass der Klimawandel alle Bereiche unseres Lebens beeinflusst – nicht nur die heißen Temperaturen im Sommer, sondern auch die Landwirtschaft, da der Klimawandel den Sektor zwingt, neue Anbaumethoden zu suchen.
Wenn ich nun die Aufgabe der Stadtplanung neu überdenke, sehe ich, dass es bei der Stadtforschung eher darum geht, Daten und Analysemethoden zur Unterstützung der Stadtplanung einzusetzen. Außerdem geht es bei der Stadtplanung nicht nur um den Bau von Wohnungen und die Errichtung von Infrastrukturen. Es gibt auch „weichere“ Kriterien, wie zum Beispiel neu auftretende soziale Probleme. Forschung und Planung sind also zwei verschiedene Teile des gesamten Prozesses.
Lösungen entwickeln: Vertiefter Einblick in das Forschungsprojekt CATCH4D
CATCH4D steht für Climate Adaptation through Thermographic Campaign and Heat Mapping. Im Rahmen dieses Projekts werden innovative Technologien zur Erstellung von 3D-Wärmemodellen entwickelt, mit denen Immobilienbesitzer motiviert und zu Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden beraten werden können. CATCH4D verfolgt sein Ziel in drei Schritten: Erstens wird mit Hilfe der Technologie ein 3D-Wärmemodell erstellt; zweitens werden mögliche energiearme Haushalte identifiziert, damit die Bürger einen Einblick in die Heizsituation ihrer Gebäude erhalten; und drittens werden Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz ergriffen.
Im Rahmen meiner Recherchen zu CATCH4D stellte ich außerdem fest, dass der quantitative Ansatz des Projekts im Gegensatz zum qualitativen Vorgehen steht, das anderen ILS-Projekten wie z.B. Bin ich schon drin? zugrunde liegt. Quantitative Daten sind zahlenbasiert – sie können gezählt und gemessen werden. Qualitative Daten hingegen sind interpretationsbasiert, beschreibend und haben mit Sprache zu tun. CATCH4D verwendet Daten und Modelle zur Förderung der Energieeffizienz in der Nachbarschaft, also quantitative Daten. Bin ich schon drin? nutzt Umfragen, um ehrliches Feedback von den Bürgern zu erhalten, und Interviews über ihre Meinung zu sozialen Medien, um die Nachbarschaften so weit wie möglich zu integrieren. Dies kann als qualitativ kategorisiert werden.
Als ich tiefer in das Projekt eintauchte, entdeckte ich, dass CATCH4D dasselbe Ziel verfolgt wie viele ILS-Projekte zu Klimaanpassungslösungen. All diese Projekte sind eng miteinander verbunden, weisen jedoch Unterschiede auf. Anders als z.B. Just Grow, das sich über sechs Regionen erstreckt, konzentriert sich CATCH4D lediglich auf Nachbarschaften innerhalb der Stadt Dortmund. Während Just Grow also neue Methoden für sechs lokale Gebiete einbringt, bereichert CATCH4D kontextbezogene Lösungen auf einer kleinräumigen Ebene für eine Stadt.
Der Bezug zur lokalen Bevölkerung: Mein Beitrag zum CATCH4D-Projekt
Am Abend des 29. Januar nahm ich am Thermografiespaziergang im Dortmunder Stadtteil Westerfilde teil. Zu der Veranstaltung waren 15 Hausbesitzer*innen aus diesem Quartier eingeladen. Während unser CATCH4D-Projektteam mit den Eigentümerinnen und Eigentümern einen Rundgang machte, nutzten wir eine Thermografiekamera, um die Energielecks der Wohngebäude aufzuzeigen. Der Spaziergang bot einen ersten Einblick in die thermografische Verfassung der Gebäude. Später präsentierten wir unser zentrales Projekt-Produkt, das 3D-Thermomodell der Gebäude der Stadt Dortmund. Während des Workshops konnte ich feststellen, dass die Immobilienbesitzer*innen großes Interesse an der Verbesserung der Energieeffizienz ihrer Häuser zeigten. Vor dem Workshop hätte ich nicht gedacht, dass so viele Menschen Interesse daran hätten, sich die Leistung ihres eigenen Gebäudes anzusehen. Angesichts der Tatsache, dass Gebäude und ihr Energieverbrauch den größten Anteil an den CO2 -Emissionen haben, ist es sehr erfreulich, dass so viele Menschen bereit sind, ihre Energiebilanz zu verbessern, da dies zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen würde.
Nach dem Workshop waren fast alle Teilnehmer*innen bereit, an den Folgeveranstaltungen zur Energieberatung teilzunehmen, was zeigt, dass der Workshop ein großer Erfolg war Ich bin stolz darauf, Teil der Veranstaltung gewesen zu sein und dazu beigetragen zu haben, indem ich das Team unterstützt, die Koordinierung der Thermografieaufnahmen übernommen und Fotos gemacht habe.
Meine wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen
Bevor ich das Praktikum begann, war ich mir sicher, dass die Umweltbelastung in unserem täglichen Leben hauptsächlich vom Transportwesen ausgeht. Das ist nicht falsch, aber irrtümlicherweise habe ich den Energieverbrauch der Haushalte ignoriert. Im Internet oder im Unterricht wird am häufigsten der CO2-Ausstoß von Autos erwähnt. Im Rahmen dieses Praktikums wurde ich ermutigt, wissenschaftliche Berichte zu lesen und fand heraus, dass Strom und Heizung in den meisten Ländern ganz oben auf der Liste stehen. Im Jahr 2019 beispielsweise lag der Anteil des Strom- und Heizungsverbrauchs an der Klimabelastung bei 29 %, 5 % mehr als der des Verkehrs. Das ist schockierend, denn Energieverschmutzung scheint nicht so offensichtlich zu sein wie das Einatmen von Abgasen auf der Straße. Das ist vielleicht der Grund, warum wir die Auswirkungen der Energienutzung stärker in den Blick nehmen sollten.
Ich schlage vor, das Bewusstsein der Menschen für diese Problematik zu schärfen. Die Anpassung des Energieverbrauchs in Gebäuden, z. B. beim Heizen, könnte sich einfacher gestalten als die Verringerung der durch den Verkehr verursachten Umweltverschmutzung. Oft liegt die Schule oder der Arbeitsplatz nicht in der Nähe des Wohnorts, so dass es unrealistisch ist, den Autoverkehr in kurzer Zeit zu reduzieren. In diesem Fall würde eine Anpassung des Energieverbrauchs im Gebäude und das Ausschalten der Heizung und des Lichts bereits eine Wirkung zeigen.
Durch die Möglichkeit, am Thermografie-Workshop teilzunehmen, habe ich mehr über die Kommunikation mit Menschen gelernt, die sich bereits für den Klimawandel interessieren. Die Teilnahme an einem solchen Workshop kann für alle sehr nützlich sein, insbesondere für die Zusammenarbeit zwischen den Generationen. In unserer Schule haben wir ein Programm zur Klimaanpassung, bei dem die Schüler in jeder Klasse für ihre Ideen werben, z. B. für das Recycling von nicht mehr benötigten Handys. Dies ist eine großartige Plattform, auf der weitere Ideen vorgestellt werden sollten, wie z. B. die Verbesserung des Energieverbrauchs von Gebäuden.
Was die Anpassung an den Klimawandel betrifft, halte ich die internationale Zusammenarbeit für sehr wichtig, wie die Kooperation, die ich im Rahmen von Just Grow erwähnt habe, denn alle Städte müssen sich an den Klimawandel anpassen. Ich habe mich immer gefragt, wie die internationale Zusammenarbeit beim Klimawandel heutzutage aussieht, und ich habe eine Antwort gefunden. Die Städte könnten sich gegenseitig mit bewährten Lösungen unterstützen und sich gegenseitig ermutigen, weiter zu forschen. Zum Beispiel könnten andere Städte von den Erfahrungen aus dem CATCH4D-Projekt lernen.